Marvin Dogue

Marvin Dogue: „Viertbester der Welt – ein tolles Gefühl!“

In seiner noch jungen Karriere kann Marvin Dogue schon eine beeindruckende Erfolgsbilanz vorweisen. 2017 gelang dem 22-Jährigen mit dem vierten Platz bei der WM in Kairo der große Durchbruch. Was er noch für Ziele hat, ob er der verpassten Olympiaqualifikation nachtrauert und was es mit der „Doggomotive“ auf sich hat, verrät der Athlet vom OSC Potsdam im Interview.

DVMF: Deutscher Meister, WM-Vierter, Staffel-Bronze bei der EM – 2017 war dein Jahr, oder?

Marvin Dogue: Ich habe schon im Junioren-Bereich und in der Staffel einige Medaillen gewonnen. Aber 2017 war das erste Jahr, wo ich mich auch im Einzel in die Weltspitze vorarbeiten konnte. Bei jedem Wettkampf habe ich mich sicher für das Finale qualifiziert. Natürlich haben einige Athleten im nacholympischen Jahr pausiert oder sich auf ihr Studium konzentriert. Trotzdem habe ich mich persönlich noch einmal verbessern können. Aber da ist immer noch Luft nach oben…

Wo zum Beispiel?

Marvin: Im Reiten habe ich sicher noch Nachholbedarf. Deshalb hat es in den Finals bei den Weltcups noch nicht nach ganz vorne gereicht. Aber durch die lange Verletzung im letzten Jahr fehlen mir immer noch einige Trainingseinheiten und die Sicherheit. Auch da geht es aber in die richtige Richtung.

Du hast es angesprochen: Wegen einer komplizierten Verletzung am Schlüsselbein hast du fast die komplette Saison 2016 verpasst. Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro musstest du zuschauen. Wie groß war die Enttäuschung?

Marvin: Tatsächlich haben mich viele darauf angesprochen. Ich hätte aber auch ohne Verletzung noch einen riesigen Sprung machen müssen, um mich überhaupt für Rio zu qualifizieren. Natürlich ist Olympia das große Ziel. Aber wenn ich dort hinfahre, möchte ich auch um Medaillen mitkämpfen können. So weit war ich 2016 definitiv noch nicht.

Mit einer Medaille hätte es dieses Jahr bei der WM in Kairo fast geklappt. Dein Jubel im Ziel nach dem vierten Platz war riesengroß. Was ging dir da durch den Kopf?

Marvin: Im ersten Moment war ich natürlich total stolz über das Resultat. Der Viertbeste der Welt – das war schon ein tolles Gefühl. Vor allem wenn man Welt- und Europameister hinter sich lässt und ohne große Erwartungen antritt. Trotzdem war es noch kein optimaler Wettkampf: Das Reiten war gut, das Fechten sicher okay, aber im Schwimmen fehlt mir noch einiges zur Weltspitze. Auch im Schießen war an dem Tag noch Luft nach oben.

„Luft nach oben“, obwohl du im Laser-Run [Anm. der Redaktion: Schießen und Laufen], deiner Lieblingsdisziplin, die beste Zeit aller Athleten hattest?

Marvin: Klar – die Zeit war super und ich habe mich in einem starken Feld von Rang 14 noch um zehn Plätze verbessert. Der Kampf „Mann gegen Mann“ liegt mir einfach. Aber das lag vor allem am Laufen. Die Strecke und die Bedingungen in Kairo kamen mir sehr entgegen. Am Schießstand hatte ich für meinen Geschmack noch einige Fehlschüsse zu viel.

2015 bist du in Berlin mit 19 Jahren überraschend Staffel-Weltmeister mit Alexander Nobis geworden. Wie wichtig war der Erfolg für deine Karriere?

Marvin: Der Titel war in vielfacher Hinsicht die Initialzündung für meine Karriere. Ich habe gemerkt, dass ich nicht nur bei den Junioren, sondern auch bei den Männern vorne mitspielen kann. Und eine Goldmedaille vor heimischem Publikum ist natürlich auch emotional etwas ganz Besonderes. Die Glückwünsche von Familie und Freunden, die Einladungen zu Sportgalas – das sind Momente, für die man sich im Training jeden Tag quält.

Du hast schon als Jugendlicher und Junior viele Medaillen in der Staffel geholt. Bist du ein Staffel-Spezialist?

Marvin: Ich habe schon früher gute Platzierungen im Einzel erreicht, für eine Medaille hat es aber nie gereicht. Manchmal stand ich mir selber etwas im Weg, manchmal war die Konkurrenz einfach zu gut. Als Staffeln haben wir immer davon profitiert, dass wir ein sehr starkes Team haben. Fabi [Fabian Liebig], Zille [Christian Zillekens] und ich sind fast gleichalt. So eine Leistungsdichte haben nicht viele andere Nationen. Und natürlich kommt mir auch entgegen, dass in der Staffel nur 100 Meter geschwommen wird. Da verliere ich weniger auf die Konkurrenz als im Einzel.

Dein Bruder Patrick ist drei Jahre älter als zu. Ihr beide postet bei Instagram unter dem Hashtag „Doggomotive“. Pusht ihr euch gegenseitig?

Marvin: Zur „Doggomotive“ gibt es eine kleine Geschichte. Fabi, mein Bruder und ich haben einen Dauerlauf gemacht. Fabi hatte uns zwischenzeitlich abgehängt, war aber kurz vor Schluss noch in Sichtweite. Dann haben wir beschlossen, die „Doggomotive“ anzuwerfen. Und dann haben wir ihn tatsächlich noch eingeholt. Seitdem ist das unser gemeinsamer Hashtag. Patrick und ich verstehen uns gut und natürlich spornen wir uns im Training so auch an.

Und was bedeutet es für dich, gemeinsam mit ihm bei Wettkämpfen an den Start zu gehen?

Marvin: Im Wettkampf ist er für mich ein Gegner wie die anderen auch. Aber gerade in den Halbfinals fiebern wir natürlich mit und drücken uns die Daumen fürs Weiterkommen. Gegenseitig Tipps geben wir uns eher selten. Da will sich keiner herausnehmen und dem anderen sagen, was richtig oder falsch ist.

Erleben wir bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio die doppelte „Doggomotive“?

Marvin: Das wäre natürlich eine tolle Geschichte. Für uns alle ist Tokio das große Ziel, aber es können sich ja nur zwei Männer qualifizieren. Ich würde es z. B. auch meinem besten Kumpel Fabian Liebig, unserem Potsdamer Teamkollegen Christian Zillekens oder anderen gönnen. Die besten zwei werden am Ende nach Japan fahren. Ich hoffe, ich gehöre dazu.

Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Was nimmst du dir für das Jahr 2018 vor?

Marvin: Ich habe vor kurzem ein BWL-Studium angefangen. Da wird sich zeigen, wie sich die Zusatzbelastung auf meine sportliche Karriere auswirkt. Mein Ziel ist auf jeden Fall, mich stabil vorne zu etablieren. Das heißt bei Weltcups eine Platzierung konstant unter den Top 15 und bei den Großereignissen vielleicht noch etwas weiter vorne. Bei der Olympiaqualifikation geht es ja am Ende nicht nur darum, einmal ein Topergebnis rauszuhauen, sondern konstant gute Leistungen zu bringen. Dahin soll es für mich gehen.

Vielen Dank und alles Gute für die nächste Saison und deine persönlichen Ziele!

Das Interview führte Resi Rathmann.

(Foto: DVMF\Henning Angerer)