Mareike_Großhauser_Ernährungsberaterin_DVMF

DVMF im Gespräch mit Ernährungsberaterin Dr. Mareike Großhauser

Wie wird unserer Leben durch Ernährung beeinflusst und wann kann gesunde Ernährung ungesund werden? Diese und weitere Fragen beantwortet DVMF Ernährungsberaterin Dr. Mareike Großhauser im Interview.

Nicht nur im Spitzensport hat eine ausgewogene Ernährung große Bedeutung. Anlässlich des nationalen Tags der gesunden Ernährung, der sich jährlich am 7. März wiederholt, sprachen wir deswegen mit Ernährungswissenschaftlerin und -beraterin Dr. Mareike Großhauser, die Teil des medizinischen Kompetenzteams des DVMF ist, über ihr Aufgabengebiet im Verband und über gesunde Ernährung im Allgemeinen.

 

Was ist Ihr Aufgabengebiet als Ernährungsberaterin im DVMF oder in den Sporternährungsgruppen und wie sieht dort Ihr Arbeitsalltag dort aus?

Ich bin freiberuflich als Ernährungsberaterin für den DVMF, den Olympiastützpunkt Rheinland-Pfalz/Saarland sowie für ambitionierte und gesundheitsbewusste Freizeitsportler:innen tätig. Zu meinen Aufgaben gehören neben der Erstellung eines Verbandskonzeptes, Einzelberatungen unserer Athlet:innen, Trainerfortbildungen, Vorträge sowie eigentlich Alles, was mit dem Thema Ernährung in Verbindung steht und wofür es Lösungen zu finden gilt. Ein regelmäßiger und interdisziplinärer Austausch ermöglicht eine gute Ernährungskultur und schafft das Fundament für Nachhaltigkeit. Ich stehe dazu im regelmäßigen Kontakt und Austausch mit meinen Kolleg:innen der anderen Olympiastützpunkte, um gemeinsam weitere Ernährungsthemen in Angriff zu nehmen. Mit Besserung der Pandemie wird es sicherlich auch wieder mehr Präsenz-Phasen geben.

Wie kam die Verbindung zum DVMF?

Unsere Sportdirektorin Susanne Wiedemann hat mich kontaktiert. Sie war auf der Suche nach einer Ernährungsberatung und ich war dann die Glückliche, die gefragt wurde. Ich freue mich sehr darüber, Mitglied im medizinischen Kompetenzteam des DVMF zu sein und die Modernen Fünfkämpfer:innen auf Ihrem Weg zu sportlichen Spitzenleistungen zu unterstützen.

Was das Thema Ernährung betrifft, kursieren zahlreiche unterschiedliche und sich teilweise widersprechende Leitfäden. Können Sie einmal die wesentlichen Punkte gesunder, moderner Ernährung mitteilen?

Die Basis einer gesunden und sportgerechten Ernährung ist sicherlich eine bedarfsdeckende Versorgung mit Energie und Nährstoffen, einem hohen und abwechslungsreichen Verzehr von pflanzlichen Lebensmitteln, ergänzt durch eine begrenzte Menge an Lebensmitteln tierischer Herkunft mit hoher Qualität. Angesichts des Klimawandels sind wir gefordert, die CO2-Emissionen durch eine bevorzugt pflanzenbetonte Ernährungsweise zu reduzieren und ein Nahrungsangebot für die Zukunft zu schaffen. Unsere Gesundheit hängt eng mit der unseres Planeten zusammen, deshalb müssen auch wir uns planetenfreundlicher ernähren. Die EAT Lancet Commission empfiehlt in diesem Zusammenhang einen wöchentlichen Verzehr von ca. 100 g Rind- oder Lammfleisch, 2 Eiern, 200 g Geflügel und ca. 2 Liter Milch- und Milchprodukte, was deutlich weniger ist als das, was der Durchschnittsbürger derzeit zu sich nimmt.

Gibt es einen Bereich, auf den sich gesunde oder ungesunde Ernährung auswirkt, den wir noch nicht unbedingt auf dem Schirm haben?

Unsere Ernährung wirkt sich ganzheitlich aus, also auf unseren Körper, unsere Psyche und auf unseren Planeten. Unser Essen beeinflusst auch unser Denken und Sozialverhalten und bestimmt unsere Zufriedenheit. Entscheidend dabei ist, dass der Einfluss unserer Ernährungsgewohnheiten an 365 Tagen im Jahr zum Tragen kommt und diesen sollte man nicht unterschätzen. Unsere Ernährung beeinflusst Immunabwehr, Schlafqualität, Regenerationsmanagement, Trainingsadaptation, Leistungsfähigkeit, Muskelaufbau und -erhalt, Stress-Resilienz, Hormonhaushalt u.v.m.

Wann und wie kann gesunde Ernährung ungesund werden?

Eine gesunde Ernährung kann ungesund werden, wenn aus der Freude am Essen ein zwanghaftes Essverhalten tritt, bei welchem es keine anderen Gedanken mehr außer gesunde Lebensmittel gibt. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von einer Orthorexia nervosa. Unausgesprochene Konflikte, Leistungsdruck, Mobbing, Traumata etc. können Auslöser für die akribische Beschäftigung mit einer gesunden Ernährung sein. Es besteht eine große Angst, mit ungesunden Lebensmitteln krank zu werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist sicherlich auch eine fachkompetente und kritische Auseinandersetzung mit den sozialen Medien, die m. E. einen erheblichen Einfluss auf die Ernährung unserer Jugendlichen haben kann. Ausnahmen, auch in der Ernährung, sind erlaubt. Ein gutes Motto lautet: „Alles in Maßen und zum richtigen Zeitpunkt!“

Wie unterscheidet sich das, was in der Ernährung eines/einer Spitzensportler:in als gesund gilt, zu dem, was in einer Durchschnittsernährung als gesund gilt? Beziehungsweise gibt es große Unterschiede?

Erstmal sollten sich alle ausgewogen und abwechslungsreich ernähren. Im Leistungssport kommen sicherlich ein paar Bedürfnisse hinzu, die berücksichtigt werden müssen. So haben Sportler:innen oftmals einen erhöhten Energie- und Nährstoffbedarf. Je höher der Energiebedarf ist, desto mehr Mahlzeiten können zur Bedarfsdeckung notwendig sein. Alles was kurz vor, während oder nach der Belastung zugeführt wird, muss gut bekömmlich sein. Ballaststoffe, zu viel Eiweiß oder Fett können dann sehr beeinträchtigend sein und zu Verdauungsproblemen führen. Auch Sportler:innen benötigen eine ausreichende Ballaststoffzufuhr, aber außerhalb der leistungsbeeinflussenden Essenszeiten. An trainingsintensiven Tagen kommen kohlenhydrathaltige Getränke mit gut verfügbaren Zuckersorten zum Einsatz. Wir bemühen uns stets um darmfreundliche Lösungen und bevorzugen im Sinne von „Food first“ den Verzehr von Lebensmitteln vor Supplementen.

Vielen Dank für dieses informative Gespräch!

 

Redaktion: DVMF Presse